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Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen

Werden am Arbeitsplatz Tätigkeiten mit Bakterien oder Schimmelpilzen durchgeführt, spricht man von Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen.

Durch das feuchte Milieu in Luftbefeuchtern können sich Bakterien und Schimmelpilze dort ansiedeln. Wer Befeuchterkammern reinigt, Filter auswechselt oder andere Reinigungstätigkeiten an RLT-Anlagen und Luftbefeuchtern ausführt, kann erheblichen Belastungen durch Mikroorganismen ausgesetzt sein. Um die Beschäftigten davor zu schützen, muss vor Aufnahme der Tätigkeit eine Gefährdungsbeurteilung nach § 4 der Biostoffverordnung durchgeführt und Schutzmaßnahmen festgelegt werden.

Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen werden in der Biostoffverordnung und dem untergeordneten Regelwerk, den Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA), sowie in der Verordnung für arbeitsmedizinische Vorsorge (ArbmedVV) geregelt.

Die Biostoffverordnung definiert biologische Arbeitsstoffe als Mikroorganismen wie Bakterien, Schimmelpilze, Hefen oder Viren sowie gewisse Parasiten, die beim Menschen Infektionen, sensibilisierende oder toxische Wirkungen hervorrufen können. Reinigen und Warten von RLT-Anlagen und Luftbefeuchtern werden als nicht gezielte Tätigkeiten bezeichnet.

Der erste Schritt bei der Gefährdungsbeurteilung besteht darin, Informationen über alle Tätigkeiten und mögliche Expositionen zu sammeln. Dazu werden zunächst Art und Umfang der durchgeführten Arbeiten detailliert beschrieben. Bei der Reinigung von RLT-Anlagen, insbesondere von Befeuchterkammern und Lüftungskanälen, kann das Wartungspersonal Kontakt haben zu:

  • Schimmelpilzen (besonders in feuchten Bereichen/Grenzflächen),
  • Bakterien (besonders im Wasser),
  • Endotoxinen,
  • Pflanzenresten und kleinen Tieren (Käfer, Spinnen etc., besonders bei schadhaften Lüftungsgittern),
  • Staubablagerungen (in Abhängigkeit von der industriellen Produktion). 

Je nach Art und Umfang der Wartungstätigkeit wird dieser Kontakt mehr oder weniger umfangreich ausfallen. Bei einer groben Vorreinigung von RLT-Kanälen und Befeuchterkammern, in denen die Reinigungsarbeiten vernachlässigt wurden, ist mit einer höheren Kontamination zu rechnen. Bestimme Staubablagerungen (z. B. Rohbaumwolle) in der RLT-Anlage können eine Belastung mit Endotoxinen deutlich erhöhen. Auch wenn sich Biofilme gebildet haben, kann dies zu einem erhöhten Reinigungsaufwand führen.

Messung der Keimbelastung, die als Beleg für Betreiber und Anlagenbauer für das Einhalten des Standes der Technik der installierten Anlagen dienen (VDI 6022), dokumentieren den allgemeinen hygienischen Zustand sowie Änderungen (z. B. bei Betriebsstörungen). Wurden aus besonderem Anlass (z. B. Erkrankungsfall) mikrobiologische Messungen gemacht, sind diese ebenfalls im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren.

Nach der Biostoffverordnung werden alle biologischen Arbeitsstoffe in Risikogruppen eingeteilt, um zu beschreiben, welche möglichen Gefährdungen von ihnen ausgehen.

RG

Krankheit                

Gefahr für
Beschäftigte 

Verbreitung
in der
Bevölkerung          

Vobeugung/
Behandlung
möglich             

1 unwahrscheinlich gering nein nicht erforderlich
2 möglich möglich unwahrscheinlich ja
3 möglich, schwer ernsthaft möglich ja
4 sehr schwer sehr hoch hoch nicht möglich

Übersicht über die Risikogruppen nach der Biostoffverordnung

Nach den bislang durchgeführten mikrobiologischen Untersuchungen der BG ETEM handelt es sich bei den in Luftbefeuchtungsanlagen nachgewiesenen Bakterien und Schimmelpilzen um häufig vorkommende Mikroorganismen, die im Wasser und in der Luft weit verbreitet und überwiegend in die Risikogruppe 1 eingestuft sind. Dies bedeutet, dass eine Infektion durch diese Mikroorganismen wenig wahrscheinlich ist. 

Im Rahmen von mikrobiologischen Untersuchungen werden jedoch sowohl im Befeuchterwasser als auch in Abklatschproben regelmäßig auch Organismen der Risikogruppe 2 nachgewiesen, die beim Menschen eine Erkrankung auslösen können (z. B. Aspergillus fumigatus). 

Wenn diese nur einen geringen Anteil an der Gesamtkeimzahl ausmachen, ist eine Gefährdung wenig wahrscheinlich.
Unabhängig davon muss mit dem Auftreten von Mikroorganismen mit sensibiliserendem Potenzial (z. B. Schimmelpilze) gerechnet werden. 

Hohe Endotoxinkonzentrationen im Staub oder im Befeuchterwasser können, wenn sie als Aerosol eingeatmet werden, grippeartige Symptome ("Befeuchterlunge") auslösen.

Häufig vorkommende Mikroorganismen in Luftbefeuchtungsanlagen

 

                                                                     Bakterien                                                        Schimmelpilze/Hefen                   
In Wasserproben von Luftbefeuchtern häufig


Bacillus spec. 
Flavobakterien
Pseudomonas spec.
Aerobe Sporenbildner
In Wasserproben von Luftbefeuchtern nur selten oder mit geringen Keimzahlen




Escherichia hermanii (RG 2)
Pseudomonas acidovorans (RG 1; +)
Pseudomonas aeruginosa (RG 2)
Enterobacter amnigenus (RG 2)



Acremonium spec.
Alternaria spec.
Aspergillus spec.
Claudosporium spec.
Fusarium spec.
Penicillium spec.

 

In Abklatsch- und Abstrichproben von Umlaufsprühbefeuchtern (Wände der Wäschekammer, Ausblasfilter etc.) häufig

Bacillus spec. (RG 1; +)
Mikrococcus luteus (RG 1)
Aerobe Sprenbildner
Staphylococcen koagulasenegativ


Aspergillus niger
Aureobasidium pullulans (RG 1)
Fusarium spec.
Mucor spec.
Penicillium spec.
Trichoderma spec.

In Abklatsch- und Abstrichproben von Umlaufsprühbefeuchtern (Wände der Wäschekammer, Ausblasfilter etc.) nur selten oder mit geringen Keimzahlen

Staphylococcus auricularis (RG 1)
Staphylococcus epidermis (RG 2)
Enterobacter amnigenus (RG 2)
Escherichia hermanii (RG 2)



Aspergillus fumigatus (RG 2; A)






In Luftproben aus RLT-Anlagen häufig








Clostridium spec.









Alternaria spec.
Aspergillus spec.
Aspergillus fumigatus (RG 2; A)
Aspergillus niger (RG 1; +)
Aureobasidium pullulans (RG 1)
Cladosporium spec.
Fusarium spec.
Monilia spec.
Mucor spec.
Penicillium spec.
Trichoderma spec.

In Luftproben aus RLT-Kanälen nur selten oder mit geringen Keimzahlen

Acremonium spec.
Geotrichum spec.
Neurospora crassa (RG 1)
Scopulariopsis spec.

 

RG =     Risikogruppe (vgl. TRBA 460 bzw. BGI 634 und TRBA 466 bzw. BGI 633)
+    =     In Einzelfällen überwiegend bei erheblich abwehrgeschwächten Menschen als   
             Krankheitserreger nachgewiesen oder vermutet
A    =     mögliche allergene Wirkung (vgl. Anhang III der EG-Richtlinie 2000/54/EG)

 

 

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